Lorenzstraße

Die Lorenzstraße ist eine kurze Anlieger­straße im Leipziger Stadt­teil Neu­schönefeld. Sie liegt auf dem Flur­stück 283 der Gemarkung Neuschönefeld und hat den amtlichen Straßenschlüssel 05160.

Die 86 Meter lange Straße beginnt an der Konstantin­straße (hier bis 1905 »Philipp­straße«) und führt geradlinig und kreuzungs­frei nach Osten, wo sie in die Neu­städter Straße (hier bis 1901 »Carl­straße«) mündet. Die geradzahligen Hausnummern befinden sich auf der südlichen Straßenseite. Seit dem 1. Juli 1993 gehört die Straße zum Postleitbezirk 04315.

Die Straße wurde in den 1840er Jahren mit der späteren Gemeinde Neuschönefeld auf südlich der Dresdner Eisenbahn liegenden Grundstücken angelegt, die der Leipziger Kaufmann Carl Lampe (1804–1889) vom Rittergut Schönefeld gekauft hatte. Sie erhielt durch ihn zunächst den Namen Rudolph­straße (Rudolph­ſtraße) vermutlich nach seinem Sohn Rudolph Lampe (1842–1848), jedenfalls trugen die benachbarten Carl-, Georg-, Marien-, Philipp- und Sophien­straße auch die Namen von Lampes Kindern.

Die Rudolphstraße war beidseitig dicht bebaut, ursprünglich aber umlaufend nummeriert: auf der Nordseite befanden sich von West nach Ost die Hausnummern 1, 2, 3 und 3b, auf der Südseite von Ost nach West die Nummern 4b, 4, 5, 6 und 7.

Am 1. Januar 1890 wurde die Gemeinde Neu­schönefeld in die Stadt Leipzig eingemeindet. Da es in der Westvorstadt schon eine Rudolph­straße gab, musste die Neuschönefelder Rudolph­straße umbenannt werden (bei den Eingemeindungen zum 1. Januar 1891 kam in Klein­zschocher und Lindenau je eine weitere Rudolph­straße hinzu).

Nachdem im Jahre 1902 der Gymnasial­lehrer Dr. Konrad Duden (1829–1911) eigenmächtig Vor­namen der deutschen Rechtschreibung unter­warf, änderte sich die Schreib­weise des Straßen­namens »Rudolph­straße« zu Rudolf­straße (Rudolfſtraße). Das Leipziger Adreß­buch benutzt im Jahrgang 1905 erstmals diese Form. – Die Rudolphstraße in der Westvorstadt konnte ihr »ph« behalten, da hier ein Familien­name gemeint ist, und Dudens Privat­reform nur Vor­namen verfälschte.


Leipziger Tageblatt vom 1. Januar 1908, Seite 6 


Leipziger Tageblatt vom 1. Januar 1908, Seite 5

Am 22. Juni 1907 wurde beschlossen, die Neuschönefelder Rudolf­straße mit Wirkung zum 1. Januar 1908 in Lorenz­straße (Lorenz­ſtraße)? umzubenennen. Dieser Beschluss wurde am 4. Juli 1907 veröffentlicht. – Dass damit der ehemalige Gemeinde­vorsteher des Nachbar­dorfes Schönefeld Gustav Mo­ritz Lorenz (1842–1897) geehrt werden sollte, wie das Verzeichnis Leipziger Straßen­namen 2018 behauptet, ist äußerst zweifelhaft. Für seine Verdienste wurde er in »seiner« Gemeinde Schöne­feld erst 1910 mit einem Straßen­namen bedacht (heute Taube­straße); für die Stadt Leipzig oder die Gemeinde Neu­schönefeld ist nicht er­sichtlich, warum er hier für eine Benennung in Frage käme. Vielmehr dürfte es sich um eine reine »Vornamen­straße« handeln, bei der kein Bezug zu einer konkreten Person besteht.1)

Erst jetzt wurde auch die moderne Nummerierung der Häuser eingeführt: auf der Nordseite befanden sich nun (von West nach Ost) die Häuser 1, 3, 5 und 7, auf der Südseite die Häuser 2, 4, 6, 8 und 10.

Die kleinteilige Bebauung auf der Südseite der Lorenzstraße (Hausnummern 2/4, 6, 8 und 10) wurde 1911/1912 abgebrochen und durch einen Neubau für die 17. Bezirks­schule ersetzt, der das ältere Schul­gebäude Lorenz­straße 2/4 (früher Rudolph­straße 6/7) ersetzte und selbst an das Schulgebäude Neustädter Straße 1 anschloss. Dieser neue Schul­komplex wurde 1919–1937 von der 14. Volks­schule genutzt, danach durch die »Berufs­schule für das Metall­handwerk und für das graphische Gewerbe«. Nach 1945 wurde er zur Bau­handwerker­schule, bis zum Ende der DDR saß hier die Betriebs­berufs­schule »Makarenko« des VEB Bau­kombinat Leipzig. – Jetzt dient das Gebäude als Außen­stelle des Beruf­lichen Schul­zentrums 7.

Auch die Bebauung der Nordseite ist inzwischen verschwunden. Vom Krieg weitgehend verschont, führte mangelnde Instandhaltung zum Verfall und Ende der 1970er Jahre zum kompletten Abbruch. Im gesamten Bereich zwischen Eisenbahn-, Neustädter, Lorenz- und Konstantinstraße entstand eine große Wiese, die 1981 den Namen Otto-Runki-Platz erhielt. Seitdem existiert in der Lorenzstraße nur noch das Schulgebäude mit der einzigen Hausnummer 2.

Bei der Einführung der Kommunalen Gliederung zum 18. März 1992 wurde die Lorenzstraße dem Statistischen Bezirk 202 im Ortsteil Neu­stadt-Neu­schönefeld zugeordnet.

Quellen

  1) Dafür spricht auch, dass die Leipziger Adressbücher dieser Zeit bei Straßen, die nach konkreten Personen umbenannt wurden, diese namentlich bezeichnet und kurz erläutert. So finden sich hier ent­sprechende Informationen bei der Melchior- und Reinhart­straße, aber weder bei der Adelheid- und Martha­straße, noch bei der Lorenz­straße. – Ein weiteres Indiz gegen Gustav Moritz Lorenz ist, dass er bei Eschner 1910 in der Liste der nach Gemeinde­vorständen benannten Straßen nicht aufgeführt ist. Und schließlich: der Beschluss selbst erläutert zwar die Benennungen nach Platner, Endner, Schilling, Calvisius, Creuziger, Hirzel usw., bei der Lorenz­straße ist aber keine Person angegeben!
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