Die Ferdinand-Lassalle-Brücke ist eine Straßenbrücke im Leipziger Südwesten.
Sie führt die Anton-Bruckner-Allee (die hier wahrscheinlich nie »König-Albert-Allee« hieß) über die verfüllte Rödel und liegt zwischen dem ehemaligen Jahnsteg im Süden und der ehemaligen Einmündung in die Weiße Elster im Norden. In der Flussmitte verläuft die Grenze (bis 1891 Stadtgrenze) zwischen der Westvorstadt und dem Stadtteil Schleußig. In den Jahren 1926 / 1927 wurde die Rödel oberhalb der Brücke verfüllt; die Brücke selbst blieb aber erhalten und ist noch heute für Fahrräder, Kraftfahrzeuge und Straßenbahnen als kleiner »Berg« in der sonst völlig flachen Anton-Bruckner-Allee spürbar. Allerdings lassen äußerlich nur noch Teile eines Geländers das ursprüngliche Bauwerk erkennen.
Die Brücke wurde wohl im Jahre 1878 (Krüger 2008, S. 90) erbaut; jedenfalls wird sie schon auf einer topographischen Karte des Jahres 1879 gezeigt. Leider liegen keinerlei Informationen über die Baugeschichte vor. – Die Karte zeigt, dass damals die heutige Könneritzstraße fast unbebaut war und im freien Feld endete. Von der heutigen Anton-Bruckner-Allee existierte nur das kurze Stück zwischen der Könneritzstraße und dem Nonnenweg. Wer sollte eine Brücke bauen, die für den damaligen Verkehr absolut unnötig war?
Es ist mit größter Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Leipziger Unternehmer Dr. Carl Heine (1819–1888) Initiator und Bauherr der Brücke war. Ihm gehörte der nördlich der Rochlitzstraße gelegene Teil von Schleußig, für den er einen Bebauungsplan erstellte und der damals nur von der hölzernen Könneritzbrücke erreichbar war, die nach Plagwitz führte. Zur Westvorstadt, wo Heine ebenfalls große Flächen besaß, gab es von Neuschleußig aus noch keine Verbindung.
Außerdem war die Gelegenheit günstig: Ursprünglich mündete die Rödel etwas weiter südlich in die Elster, Heine sollte im Rahmen der »Flussregulierung« den letzten Abschnitt bis zur Mündung begradigen. Also konnte er die neue Brücke schon »auf dem Trockenen« bauen und erst dann den neuen Flussverlauf unter der fertigen Brücke durchleiten. Diese Methode wendete er jedenfalls beim Kanalbau in Plagwitz an; vermutlich auch bei der gleichzeitig an der Elster entstehenden Karlbrücke. – Ob er die Brücke damals gleich als Steinbrücke bauen ließ, wie sie um das Jahr 1900 dokumentiert ist, oder ob es erst ein hölzernes Provisorium gab, ist nicht überliefert. Allerdings gibt es auch keine Berichte über einen zwischenzeitlichen Neubau an dieser Stelle.
Gegen einen Neubau nach 1890 spricht auch die Bauweise als relativ lange Brücke mit zwei Flusspfeilern: mit dem Bau der Leipzig-Plagwitzer Eisenbahn 1888 wurde der Abzweig der Rödel von der Pleiße zerstört und die Einmündung ihres größten Zuflusses, der Paußnitz, beseitigt. So wurde aus dem respektablen Fluss ein unbedeutendes Standgewässer, dessen abschnittsweise Verfüllung im Auenwald bereits begonnen hatte. Im Jahr 1895 exisitierte die Rödel (ohne jeden Zulauf) nur noch nördlich der Industriestraße. Für diese Restlache wäre überhaupt keine Brücke mehr notwendig gewesen; und wenn man vielleicht auch nicht ganz darauf verzichten wollte, so hätte eine wesentlich kürzere Brücke doch auch gereicht.
Seit 1896 führt die Schleußiger Straßenbahntrasse über die Brücke. Spätestens jetzt muss die Brücke ein massiver Steinbau gewesen sein.
Eine offizielle Benennung durch die Stadt Leipzig konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Ihr erster Name Bismarckbrücke (Bismarckbrücke)? für die Brückenstelle findet sich erstmals auf einem Stadtplan aus dem Jahr 1903, der den Zusatz »Nachgetragen bis Ende Juli 1902« trägt. Mit dieser Benennung wurde der deutsche Staatsmann Otto von Bismarck (1815–1898) geehrt.
Am 1. August 1945 wurde die Bismarckbrücke mit sofortiger Wirkung in Ferdinand-Lassalle-Brücke (Ferdinand-Laſſalle-Brücke) umbenannt. Damit wird nun an den Publizisten und Politiker Ferdinand Lassalle (1825–1864) erinnert; gleichzeitig erhielt die Bismarckstraße den Namen Ferdinand-Lassalle-Straße.
Anmerkung: Auch wenn die Stadtverwaltung neuerdings der Meinung ist, Brücken müssten nach der über sie führenden Straße benannt sein, führte weder die Bismarckstraße über die Bismarckbrücke, noch führt die Ferdinand-Lassalle-Straße über die Ferdinand-Lassalle-Brücke.