Die Rödel

Die Rödel war ein Fluss in der Elster-Pleiße-Aue (südlicher Auenwald). Sie war eine natürliche Verbindung zwischen der Pleiße und der Weißen Elster und nahm zeit­weise auch die Paußnitz auf. Dabei bildete sie die Grenze zwischen der Stadt Leipzig im Norden und Westen (rechtes Ufer) und den ehemaligen Gemeinden Conne­witz (im Süden) und Schleußig (im Osten, beide am linken Ufer).

Verlauf


1879, hier als »Rödelwasser« bezeichnet

Abzweig und Wehr 1802 (nicht genordet!)

Die Rödel (Rödel)? zweigte in Höhe des heutigen Connewitzer Wehrs links von der Pleiße ab und führte in einem bogen­förmigen Verlauf zunächst nach Westen, dann nach Norden zum Rödel­wehr, das sich ungefähr an der heutigen Einmündung der Paußnitz in das Elster­flutbett befand. Unmittelbar hinter dem Wehr mündete von rechts ein Wasserlauf, der ursprünglich ebenfalls von der Pleiße kam, aber etwas weiter fluss­abwärts von dieser abzweigte, und um 1800 durch einen Damm von der Pleiße getrennt war. Entlang dieses Flüss­chens führte die Grenze zwischen Leipzig (im Norden) und Connewitz (im Süden), so dass wohl dieser nördlichere Wasser­lauf die ursprüngliche Rödel war und der südliche, durch das Rödel­wehr regulierte Zulauf später angelegt wurde. Über die Funktion des Rödelwehrs kann nur spekuliert werden. Wahrscheinlich diente es dazu, eventuelle Hoch­wasser der Weißen Elster, die in den Unter­lauf der Rödel drückten, von der Pleiße fernzuhalten.

Nur wenige Meter hinter dem Rödelwehr und der Einmündung der „Alten Rödel“ zweigte nach links ein Wasserlauf ab, der um 1800 einfach im Auenwald endete, aber um 1850 die Paußnitz aufgenommen hatte, die ursprünglich südlich des Rödel­abzweigs direkt in die Pleiße mündete. Hier wendete sich die Rödel wieder in eine westlichere Richtung und durchquerte seit ca. 1870 das Obere Elster­hochflutbett. Unmittelbar nach dem Flutbett führte eine namenslose Brücke den Waldweg »Die Linie« über die Rödel. Etwas später wendete sich der Fluss nach Nordwesten, dann nach Norden, wobei er nun die Grenze zwischen Leipzig (im Osten) und Schleußig (im Westen) bildete.

Die Rödelbrücke führte den Schleußiger Weg über die Rödel, seit es ihn gab. Vielleicht wurde sie (als einfacher Holzsteg) schon von den Nonnen des Klosters St. Georg genutzt, denen von 1527 bis 1542 sowohl das Kloster in der Westvorstadt als auch das Vorwerk Schleußig gehörte: die kürzeste Verbindung führte genau hier entlang. Spätestens 1637, als Feldmarschall Johan Baner (1596–1641) zur Belagerung der Stadt Leipzig den Weg von Schleußig in die Westvorstadt ausbaute, wurde hier eine massivere Holzbrücke errichtet. – Die weiteren Brücken über die Rödel entstanden erst im Zuge der Bebauung von Schleußig: in der Mitte der 1890er Jahre der Jahnsteg, und – kurz vor der Einmündung der Rödel in die Weiße Elster – spätestens 1878 die heutige Ferdinand-Lassalle-Brücke.

Geschichte

Außer der oben schon erwähnten Anlage des Rödelwehrs und des damit verbunden neuen südlichen Oberlaufs setzte die Veränderung des ursprünglichen Flusses erst im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts ein.


Die 1854 geplante Rödelregulierung (braun), nicht genordet!

Im Zuge der 1866 begonnenen größeren »Fluss­regulierung« wurde auch die Rödel nicht verschont. Zwar beeinträchtigte das um 1870 angelegte Obere Elster­hochflutbett den Fluss nicht, da dessen beiden Dämme hier unterbrochen waren. Ein eventuelles Rödel­hochwasser (aus der Pleiße) konnte sich so nach links und rechts verteilen, so dass das Hochflutbett auch als eine Art Polder für die Rödel diente. – In den Jahren 1874/75 ließ dann aber Carl Heine (1819–1888) den Unter­lauf des Flusses mittels acht Durch­stichen begradigen. Auch die Rödel­mündung in die Elster wurde etwas fluss­abwärts verlegt (und bei dieser Gelegenheit die Ferdinand-Lassalle-Brücke errichtet). Im Jahr 1879 war schließlich der auf der Topographischen Karte abgebildete Zustand hergestellt.


Leipzig und seine Bauten, S. 707–708 

Rödelabzweig und -wehr 1887 und 1889

Mit dem Bau der Leipzig–Plagwitzer Eisen­bahn von 1886 bis 1888 wurde das Ende der Rödel eingeleitet. Da die Strecke genau am Rödelabzweig die Pleiße über­querte, wurde hier ein neues Wehr er­richtet, das neben dem Kirsch- und Kopf­wehr auch das Rödel­wehr ersetzte, und der Oberlauf der Rödel bis zum Elster­hoch­flutbett verfüllt. Die Paußnitz wurde nun in den nördlich des Schleußiger Wegs lie­gen­den Teil des Elster­hochfluttbetts geleitet, der in »Paußnitz­flutrinne« um­benannt wurde.

Mangels Pleiße- und Paußnitz­wasser trocknete der Abschnitt der Rödel zwischen Elster­hochflutbett und dem Jahnsteg in den Folgejahren weitgehend aus. Von hier bis zur Mündung in die Weiße Elster stand zwar Wasser in der Rödel – es war aber Elster­wasser, das von der Mündung her rückwärts in das Flussbett gedrückt wurde. Allerdings war die Rödel noch mit dem Elster­hochflutbett verbunden, so dass jedes Elster­hochwasser zu deren Überflutung führte. Dann war Schleußig sowohl im Westen als auch im Osten von Elster­wasser umgeben und tatsächlich eine Insel.

In den Jahren 1926/1927 wurde die Rödel auch zwischen Elster­hochflutbett und der Ferdinand-Lassalle-Brücke verfüllt. Im Nordteil, an der Bebauung der Könneritz­straße, wurde dabei eine schmale Grün­anlage gestaltet. Der nicht mehr benötigte Jahnsteg wurde abgebrochen. – Da gleichzeitig auch das Elster­hochflutbett umgebaut und als Elster­flutbett in Groß­zschocher dauerhaft einen Teil des Elster­wassers aufnahm, wurden Elster­hochwasser für Schleußig un­gefähr­licher. Wenn sie auf‌­traten, konnten sie auf der Ostseite in einem weiten Bogen um den Stadt­teil herum geleitet werden – die Rödel war nun auch in ihrer letzten Funktion als Umfluter überflüssig.


Karl-Heine-Villa mit Rödel vor der Ufermauer (alte Postkarte)

Das allerletzte Teilstück der Rödel, der Ab­schnitt zwischen der Ferdinand-Lassalle-Brücke und der Einmündung in die Weiße Elster, hatte noch einige Jahrzehnte länger Bestand. Viel­leicht legten die Nutzer der Karl-Heine-Villa Wert auf diesen Fluss­rest, der ihr Grundstück (zusammen mit der Elster) zur Halb­insel machte. Jedenfalls existiert die Rödel hier noch auf einem Stadtplan von 1948. – Dem neuen Nutzer des Gebäudes, dem Kinder- und Jugend­heim »Fritz Gietzelt«, dürfte die beid­seitige Wasser­lage egal gewesen sein. In der 2. Hälfte des 20. Jahr­hunderts diente die Rest­rödel dann als Absetz­becken für woanders aus­gebaggerten Schlamm, und erst nach 2000 wurde sie zu einer Rasen­fläche umgestaltet und in eine ältere Sport­anlage ein­bezogen.

Quellen

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