Pleißenburg


Pleißenburg 1804 Vollbild (662 kB)

Die Pleißenburg war ein landes­herrlicher Gebäude­komplex, der sich vom 13. Jahr­hundert bis zum Jahr 1897 süd­westlich der Leipziger Alt­stadt auf dem Gelände des heutigen Neuen Rat­hauses, des Stadt­hauses, des Gebäudes der Deutschen Bank und des Burg­platzes befand.

Die ursprüngliche Burg wurde seit 1218 durch den Mark­grafen von Meißen Dietrich (1162–1221) als Zwing­burg gegen die Leipziger Bürger errichtet. Sie hieß zunächst »das mark­gräfliche Schloss«, dann aber nach ihrer Lage am Pleiße­mühl­graben Pleißen­burg. Das ursprüng­liche Schloss war, bis auf einen süd­westlich außer­halb stehenden runden Turm, voll­ständig in die Stadt­befestigung Leipzigs ein­geschlossen.

Im Sommer 1519 fand die Leipziger Disputation in der Hof­stube der Pleißen­burg statt, bei der der (kur­fürstlich Sachsen-Wittenberger) Theologe und Reformator Dr. M. Luther (1483–1546) in einer Diskussion mit den Theologen Prof.Dr. J. Mayer genannt Eck (1486–1543) und A. R. Bodenstein aus Karl­stadt (1486–1541) vor dem Landes­herrn der Stadt Leipzig, dem (albertinischen) Herzog von Sachsen Georg (»der Bärtige«, 1471–1539), seine Stellung zur Kirche darlegte.

Während des Schmalkaldischen Kriegs 1546/1547 wurde die Stadt Leipzig vom 8. Januar bis zum 27. Januar 1547 durch den (ernestinischen) Herzog von Sachsen-Wittenberg Johann Friedrich (1503–1554, Kur­fürst von Sachsen bis 19. Mai 1547) belagert. Dabei wurde das Schloss weit­gehend zerstört.

Unter dem (albertinischen) Herzog von Sachsen Moritz (1521–1553, Kur­fürst von Sachsen ab 4. Juni 1547) wurde die militärische Befestigung Leipzigs ab 1543 stark voran­getrieben. In Ergänzung zu den drei neuen Bastionen an den Eck­punkten der Stadt (Ranstädter Bastei im Nord­westen, Hallische Bastei im Nord­osten und Henkers­bastei [später: Moritz­bastei] im Süd­osten) ließ er im Süd­westen die Pleißen­burg neu errichten. Im Jahr 1549 beauftragte er den Leipziger Bau­meister und Rats­herrn Hieronymus Lotter (1497–1580) mit dem Bau der neuen Pleißen­burg in Form einer drei­eckigen Zitadelle. Für den Bau wurde zum Teil Material des abgebrochenen Benediktinerinnen­klosters St. Georg genutzt. Der Neubau war im Jahr 1551 äußer­lich, im Jahr 1567 auch im Innen­ausbau zum großen Teil fertig gestellt.

Die neue Pleißenburg befand sich nun voll­ständig außer­halb der Stadtmauern. Ein breiter Wasser­graben trennte das Schloss nicht nur vom freien Land an der Süd- und West­seite, sondern auch von den Stadt­mauern im Nordosten. Durch das Schloß­tor in der Stadt­mauer und eine Brücke war der Zugang aus der Stadt (Schloß­platz) auf das Schloss möglich. Eine weitere Brücke führte vom Schloss nach Süden.

In der Mitte der Nordost-Seite des drei­seitigen Grund­risses befand sich ein mehr­geschossiges Gebäude, das den Namen »Trotzer« trug und eine Kaserne beherbergte. Ihm schlossen sich links und rechts ein­geschossige Seiten­flügel an, die sich in den beiden anderen (ungefähr gleich langen) Seiten im Westen (später: Akademie-Flügel) und Süden (später: Rentamts-Flügel) fortsetzten. Im süd­westlichen Punkt der Festung befand sich der runde, ca. 52 m hohe Turm. Im Schloss­hof war das mehr­geschossige Turm­haus direkt an den Turm angebaut.


Pleißenburg 1860 Vollbild

Im Jahr 1710 wurde auf der den (seit 1697 katholischen) Kur­fürsten von Sachsen gehörenden Pleißen­burg eine römisch-katholische Hof­kapelle eingerichtet, die sich in den Erd­geschoss-Gewölben des Turm­hauses befand.

Im Hubertusburger Frieden von 1763 verlor die Pleißen­burg ihren Status als Festung, was dazu führte, dass sie zunehmend zu zivilen (aber stets landes­herrlichen) Zwecken genutzt wurde. Im Jahr 1765 bezog die Kunst­akademie den West­flügel. Im Jahr 1767 wurde die Hof­kapelle erneuert. Von 1787 bis 1790 wurde auf dem Schloss­turm die kur­fürstliche Stern­warte eingerichtet, die von 1794 bis 1861 von der Universität genutzt wurde.

Bis 1774 wurden beide Brücken durch Erd­dämme ersetzt, später wurden die Wasser­gräben ganz verfüllt. Das gewonnene Gelände wurde zum Teil wieder bebaut, so 1838 mit einer zweiten Kaserne, die als drei­geschossiges zwei­flügeliges Gebäude süd­westlich vor dem Turm errichtet wurde, sowie 1840 mit einem Exerzier-Haus, das sich vor der Südost-Ecke des Schloss­komplexes befand und 1878 erneuert wurde. Seit 1867 war das 8. Königlich Sächsische Infanterie-Regiment 107 in der Pleißen­burg stationiert. Im Jahr 1872 wurden zwei große Getreide­türme nord­östlich des Trotzers, zu beiden Seiten des Zuganges zum Schloss, errichtet.

Seit dem Jahr 1893 stand die Stadt Leipzig mit dem König­reich Sachsen in Verhandlungen über den Ankauf der Pleißen­burg, um diese anschließend abbrechen und das Areal neu bebauen zu können. Am 4. Mai 1895 kaufte die Stadt Leipzig das Grund­stück für 2,5 Millionen Mark; nach der Fertig­stellung der neuen Kasernen in Möckern und Umzug des Infanterie-Regiments 107 begann am 21. April 1897 der Ab­bruch der Pleißenburg.

Zur Erschließung des ehemaligen Schloss­geländes wurden mehrere Straßen neu angelegt: die Markgrafen­straße entlang des Nordost-Randes, der Burg­platz in der Mitte der Markgrafen­straße (etwa im Bereich des Trotzers, des Haupt­einganges und der Getreide­türme), die Hugo-Licht-Straße, die vom Burg­platz nach Süden führt, sowie die Lotter­straße, die vom Burg­platz nach Westen führt. Durch die drei neuen Straßen wurde das alte Schloss­grundstück in drei Bau­felder geteilt: auf dem nördlichen entstand 1908–1911 das Stadt­haus, auf dem mittleren (um den im Sockel erhaltenen Schloss­turm herum) 1899–1905 das Neue Rathaus, und auf dem östlichen 1898–1900 das Gebäude der Leipziger Bank.

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