Plagwitz

Die ehemalige Gemeinde Plagwitz war von 1839 bis 1890 eine selbst­ständige Gebiets­körperschaft west­lich von Leipzig. Sie um­fasste die Gemarkung Plagwitz mit dem Dorf Plagwitz.

Das Dorf wurde von slawischen Siedlern südlich des Ab­zweiges der (»Kleinen«) Luppe am West-Ufer der Weißen Elster angelegt. Im Jahre 1412 wurde es erstmals urkundlich als »Plachtewicz« erwähnt. Der Ortsname leitet sich vom altsorbischen Wort Płachtovic ab, was soviel wie »Siedlung am abgeteilten Flur­stück« bedeutet.

Landesherren waren seit dem 13. Jahr­hundert die Bischöfe von Merse­burg (bis 1562). Nach der Um­wandlung des Bistums in ein welt­liches Stift fungierten von 1562 bis 1656 die Kur­fürsten von Sachsen, von 1656 bis 1738 die Herzöge von Sachsen-Merseburg und von 1738 bis 1918 die Kur­fürsten (seit 1806 Könige) von Sachsen als Landes­herr. Sowohl inner­halb des Stifts Merse­burg als auch im Herzogtum Sachsen-Merse­burg gehörte das Dorf Plagwitz ins Amt Lützen. Nach der Abtretung des größten Teils des Hochstifts Merse­burg an das König­reich Preußen in Folge des Wiener Vertrages vom 10. Januar 1815 kam Plagwitz an das Amt Leipzig.

Das Dorf Plagwitz gehörte zur Grund­herrschaft des Ritter­guts Klein­zschocher (wie auch die Dörfer Klein­zschocher, Schleußig und Groß­miltitz), damit unter­stand es juristisch dem Patrimonial­gericht Klein­zschocher. Kirchlich gehörte es zur Parochie Klein­zschocher; die Kinder besuchten die Schule Klein­­zscho­cher und die Toten wurden auf dem Friedhof Klein­zscho­cher begraben.

Im Jahr 1835 umfasste das Dorf 41/8 Magazin­hufen Land, 20 Häuser und 172 Einwohner.

Mit der sächsischen Landgemeinde­ordnung von 1838, die am 1. Mai 1839 in Kraft trat, wurde das Dorf Plagwitz eine selbst­ständige Land­gemeinde und erhielt das Recht zur Selbst­verwaltung; die untere Gerichtsbarkeit blieb jedoch bis zum 1. Oktober 1856 beim Patrimonial­gericht Klein­zschocher.

Im Jahr 1854 begann der Leipziger Rechts­anwalt Dr. Carl Heine (1819–1888) mit dem Ankauf von Grund­stücken in der Gemeinde Plagwitz, die er in der Folge­zeit zur Ansiedlung von Industrie­unternehmen nutzte. 1856 begann er mit dem Bau eines ersten Teil­stücks des Elster-Saale-Kanals, dem heutigen Karl-Heine-Kanal, der Plagwitz in zwei Teile zerschneidet. Gleich­zeitig entstanden zahl­reiche Brücken über den Kanal.

Am 5. April 1861 wurde die Bildung eines eigenen Schul­bezirks genehmigt; am 14. Oktober 1862 wurde die Plagwitzer Schule westlich des alten Dorfes eingeweiht.

Im Jahr 1863 wurde in der nördlichen Nachbargemeinde Lindenau die Gas-Anstalt Lindenau-Plagwitz in Betrieb genommen, die bis 1925 sowohl Lindenau als auch Plagwitz mit Leucht­gas versorgte.

Am 4. Juni 1872 wurde die Gemeinde Plagwitz mit der Inbetrieb­nahme der Plagwitzer Straßenbahn­trasse an das Straßen­bahn­netz der Stadt Leipzig an­geschlossen.

Am 20. Oktober 1873 wurde die Gemeinde Plagwitz mit der Inbetrieb­nahme der zunächst privaten (Thüringische Eisenbahn­gesellschaft), später Königlich Preußischen Zeitzer Eisenbahn an das deutsche Eisen­bahn­netz angeschlossen. Für die Trassierung der Strecke über Lindenau und Plagwitz hatte sich vor allem Carl Heine eingesetzt.

Von 1873 bis 1890 gehörte die Landgemeinde Plagwitz zur Amts­haupt­mann­schaft Leipzig.

Am 1. September 1879 wurde die Gemeinde Plagwitz mit der Inbetrieb­nahme der Gaschwitzer Eisenbahn auch an das Königlich Sächsische Eisen­bahn­netz angeschlossen.

Im Jahr 1880 wurde der Friedhof Plagwitz im äußersten Westen der Gemeinde angelegt.

Im Jahr 1885 trennte sich Plagwitz auch kirch­lich von Kleinzschocher, indem eine eigene Parochie Plagwitz gebildet wurde. Von 1886 bis 1888 wurde die Heilands­kirche Plagwitz nord­westlich des alten Dorfes errichtet.

Am 17. September 1888 wurde mit der Leipzig-Plagwitzer Eisenbahn die dritte Eisenbahn­linie eröffnet, die Plagwitz berührte. Sie diente aus­schließlich für den Güter­verkehr.

Nach dem Tode Carl Heines im Jahr 1888 führte die von ihm gegründete Westend-Bau­gesellschaft seine Projekte weiter.

Am 1. Januar 1891 wurde die Gemeinde Plagwitz in die Stadt Leipzig eingemeindet. Sie hatte damals eine Fläche von 108,261 ha.

Seit dem 18. März 1992 gehört der größte Teil der ehemaligen Gemeinde zum Ortsteil 51 Plagwitz. Der wichtige Teil nördlich der Karl-Heine-Straße (mit dem Felsenkeller, der Georg-Maurer-Bibliothek, dem Erich-Zeigner-Haus, dem Gebäudekomplex des in Bau befindlichen Gymnasiums Karl-Heine-Straße und dem 5. Straf­senat des Bundes­gerichtshofs) kam hingegen zum Ortsteil 70 Lindenau.

Literatur

Impressum | Inhalt | Vorwort | Chronik | Register