Der Ranstädter Steinweg ist eine Hauptverkehrstraße in der Leipziger Westvorstadt. Sie liegt auf den Flurstücken 4340/6 und 4340/7 der Gemarkung Leipzig und hat den amtlichen Straßenschlüssel 01055.
Die 464 Meter(!) lange Straße beginnt am nordwestlichen Eckpunkt des Leipziger Innenstadtrings: einer Straßenkreuzung, in die der von Osten kommende Tröndlinring (bis 1908 »Löhrs Platz«), der nach Süden führende Goerdelerring (hier bis 1945 »Schulplatz« [nördlich] und »Fleischerplatz« [südlich], 1945–1991 »Friedrich-Engels-Platz«) und die nach Norden führende Pfaffendorfer Straße (1951–1991 »Dr.-Kurt-Fischer-Straße«) münden, und führt geradlinig nach Westen. Dabei überquert sie auf der Frankfurter Brücke den hier noch überwölbten Pleißemühlgraben, nimmt die nach Norden führende Rosentalgasse auf, überquert auf der Angermühlbrücke den Elstermühlgraben, der im weiteren Verlauf den Südrand der Straße bildet, nimmt die nach Nordwesten führende Jacobstraße, die nach Süden führende Straße »Naundörfchen« und eine nach Norden führende kurze, namenlose Sackgasse auf und endet schließlich an der Kreuzung mit der nach Norden führenden Leibnizstraße und der nach Süden führenden Thomasiusstraße (hier bis 1881 »Canalstraße«), wo sie in die engere Jahnallee (hier ursprünglich »Frankfurter Straße«, 1951–1956 »Straße der III. Weltfestspiele«, 1956–1991 »Friedrich-Ludwig-Jahn-Allee«) übergeht. Die beiden je zweispurigen Richtungsfahrbahnen werden durch den Gleiskörper der Straßenbahn getrennt. Seit dem 1. Juli 1993 gehört die Straße zum Postleitbezirk 04109. Die geradzahligen Hausnummern 2 bis 32 befinden sich auf der nördlichen Straßenseite, die ungeradzahligen 1 bis 25 gegenüber.
Die Straße folgt dem Verlauf der mittelalterlichen Via regia, die von Leipzig aus in Richtung Westen über Lindenau, Markranstädt, Lützen, Weißenfels nach Erfurt und weiter bis nach Frankfurt / Main führte. Am Beginn der Straße befand sich das Ranstädter Tor als Leipziger Stadttor nach Westen.
Im 12. Jahrhundert wurde nördlich der Via regia, direkt vor der Stadt, die Jacobsmühle erbaut, die erstmals im Jahr 1165 erwähnt wurde. Um sie mit Wasser zu versorgen, wurde der Elstermühlgraben angelegt, der an der Mühle nördlich der alten Landstraße verlief. Am West-Ende des heutigen Ranstädter Steinwegs kreuzte er die Straße unter einer zunächst hölzernen, dann steinernen Brücke, die zunächst einfach »Elsterbrücke« genannt wurde (es war die einzige im damaligen Stadtgebiet; der Elstermühlgraben wurde lange Zeit »Elster« genannt, die eigentliche Elster »Alte Elster«). Zwischen dem Ranstädter Tor und der Elsterbrücke wurde die sonst unbefestigte Straße gepflastert. Wegen ihrer Lage vor dem Ranstädter Tor und der Pflasterung wurde die Straße Ranstädter Steinweg genannt (analog: Grimmaischer Steinweg vor dem Grimmaischen Tor, Hallischer Steinweg [heute: Gerberstraße] vor dem Hallischen Tor, Peterssteinweg vor dem Peterstor).
Auf der südlichen Straßenseite (später Hausnummer 7) errichteten Mönche der iro-schottischen Mission, die im Jahr 1136 ihr Hauptkloster in Erfurt gründeten, gegenüber der Mühle die Jacobskirche. Um diese Kirche und die Mühle entstand im Mittelalter eine kleine Siedlung, die als Jacobsparochie bezeichnet wird. Zu ihr gehörte auch das Naundörfchen südlich der Straße (zwischen Jacobskirche und heutiger Thomasiusstraße) sowie die Mühlgraben-Siedlung nördlich der Straße (zwischen Jacobsmühle und heutiger Leibnizstraße). Zur Erschließung der Mühlgraben-Siedlung entstand am Nordufer des Elstermühlgrabens eine schmale Parallelstraße, die als »Mühlgraben« bezeichnet wurde. Damit rückte der Elstermühlgraben in die Mitte des heutigen Straßenzuges (ungefähr entlang der jetzigen Straßenbahntrasse). Der Name »Ranstädter Steinweg« meinte aber zunächst immer nur die südlich gelegene Straße.
Am 17. März 1484 wurde die Jacobsparochie in die Stadt Leipzig aufgenommen. Dies war die erste Stadterweiterung überhaupt. Kurz hinter der »Elsterbrücke« wurde am Ranstädter Steinweg das »Äußere Ranstädter Tor« als ein äußeres Stadttor angelegt.
Nachdem die Schottenmönche im Zuge der Reformation die Kirche und Leipzig überhaupt verlassen hatten, wurde im Jahr 1544 die Jacobsparochie aufgelöst und die Jacobskirche abgebrochen. Das Kirchgrundstück einschließlich des Friedhofs wurden sofort wieder bebaut. Die Jacobsmühle hieß seitdem »Angermühle«, für die ehemalige Jacobsparochie setzte sich der Name Ranstädter (oder »Rannische«) Vorstadt durch. – Obwohl die Ranstädter Vorstadt sehr viel älter und ganz anders strukturiert ist, wird sie neuerdings fälschlich oft zum Waldstraßenviertel gezählt, das aber erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts westlich der Ranstädter Brücke angelegt wurde.
Am 22. Oktober 1839 wurden der Ranstädter Steinweg und die Straße »Mühlgraben« zu einer Straße zusammengefasst und gemeinsam in Frankfurter Straße umbenannt. Damit wurde auf das westliche Ziel der Via regia Bezug genommen. Das Äußere Ranstädter Tor erhielt gleichzeitig den neuen Namen »Frankfurter Tor«. Noch im gleichen Jahr wurden Hausnummern vergeben, die erstmals im Leipziger Adreßbuch 1840 benutzt werden. Allerdings erfolgte die Nummerierung umlaufend: begonnen wurde auf der rechten Seite an der Frankfurter Brücke mit der Nummer 1 (Goldene Sonne), dann folgten westwärts die Nummern 2, 3, 4 (Angermühle) … 9 (Goldene Laute) … 28, 29 (Große Funkenburg). Hier sprang die Nummerierung auf die linke Straßenseite, von wo aus nun ostwärts gezählt wurde und wo die Hausnummern 30, 31, 32, 33 (Kleine Funkenburg) … 61 (an der Frankfurter Brücke) lagen.
Im Jahr 1851 wurde das Frankfurter Tor an der »Elsterbrücke« aufgehoben und weiter nach Westen hinter die Hohe Brücke verlegt. Im Leipziger Adressbuch 1852 werden unter der Frankfurter Straße zwischen den Hausnummern 29 und 30 auch Gebäude aufgeführt, die hinter der Hohen Brücke liegen – mangels Hausnummern werden aber nur die Katasternummern genannt.
Erstmals im Leipziger Adreßbuch 1860 finden sich völlig neue Hausnummern für die Frankfurter Straße. Das alte Prinzip der umlaufenden Nummerierung wurde beibehalten, allerdings wurden Anfangspunkt und Zählrichtung geändert. Jetzt begann die Zählung auf der linken Seite mit der 1, westwärts über die 29 (Kleine Funkenburg) zur 42 (Kuhturm), wechselte an der Stadtgrenze die Straßenseite und zählte weiter auf der rechten Seite ostwärts von der 43 (Alte Ratsziegelei) über die 52 (Große Funkenburg), 77 (Angermühle) zur 80 (Goldene Sonne). Damit erhielten auch die bisher nicht erfassten Gebäude jenseits der Hohen Brücke Hausnummern.
Als im 19. Jahrhundert in der Westvorstadt weitere Brücken gebaut wurden, erhielt die uralte, gesprengte und wiederaufgebaute »Elsterbrücke« am 9. Januar 1861 (Bekanntmachung vom 13. Januar 1861) den Namen Ranstädter Brücke. Gleichzeitig erhielt die neue Brücke im Zuge der Elsterstraße den amtlichen Namen Elsterbrücke.
Am 19. September 1863 wurde (offensichtlich anlässlich des 50. Jahrestags der Völkerschlacht) beschlossen, den vorderen Abschnitt der Frankfurter Straße (zwischen Frankfurter Brücke und Ranstädter Brücke) wieder in Ranstädter Steinweg zurückzubenennen. Dies wurde am 16. Oktober 1863 verkündet und trat am 1. Januar 1864 in Kraft. Dabei wurden keine Hausnummern verändert, so dass bei der Nummerierung eine Lücke entstand. Im Ranstädter Steinweg lagen jetzt die Nummern 1…29 (auf der linken Seite; vom Fleischerplatz zur Ranstädter Brücke) sowie die Nummern 55…80 (auf der rechten Seite; von der Leibnizstraße zum Schulplatz).
Im Jahr 1879 wurde die Angermühle abgebrochen und der Elstermühlgraben entlang des gesamten Ranstädter Steinwegs überwölbt. Damit entstand eine breite Straße. Auf dem Gewölbe wurden die Gleise der Lindenauer Straßenbahntrasse verlegt, die am 22. Juli 1882 mit einer Pferdebahnlinie nach Lindenau eröffnet wurde.
Erstmals im Leipziger Adreßbuch 1885 wird die moderne Nummerierung der Häuser im Ranstädter Steinweg benutzt. Seitdem befinden sich die ungeraden Hausnummern auf der linken Seite, die geraden Hausnummern auf der rechten Straßenseite. Die meisten Gebäude führen nun ihre dritte Hausnummer; zur sicheren Identifizierung reicht die Angabe der Adresse nicht aus, es muss auch der Zeitpunkt genannt werden, wann diese galt.
Im 2. Weltkrieg wurde die Bebauung auf der Südseite fast vollständig, die auf der Nordseite im mittleren Teil zerstört.
Am 20. April 1951 wurde der Ranstädter Steinweg mit dem Abschnitt der Frankfurter Straße östlich der Friedrich-Ebert-Straße zusammengelegt1) und gemeinsam in Straße der III. Weltfestspiele umbenannt. Die Hausnummern des Ranstädter Steinwegs blieben unverändert.
Am 17. Juli 1956 wurde die »Straße der III. Weltfestspiele« mit der Stalinallee zusammengelegt und auf ihrer gesamten Länge in Friedrich-Ludwig-Jahn-Allee umbenannt2) (nach dem Lehrer und »Turn-Vater« F. L. Jahn, 1778–1852).
Am 19. November 1991 wurde beschlossen, den Straßennamen Friedrich-Ludwig-Jahn-Allee mit Wirkung zum 1. Januar 1992 auf Jahnallee zu verkürzen. Um die Lage innerhalb des sehr langen Straßenzugs etwas zu präzisieren, wurde der ehemalige Ranstädter Steinweg oft als »Vordere Jahnallee« bezeichnet.
Bei der Einführung der Kommunalen Gliederung zum 18. März 1992 wurde die mitten in der Westvorstadt liegende Straße zur Grenze zwischen den Ortsteilen Zentrum-West (Südseite) und Zentrum-Nordwest (Nordseite) definiert.
In den Jahren 2005/2006 wurde die vordere Jahnallee grundhaft umgestaltet. Der Elstermühlgraben wurde an den südlichen Straßenrand verlegt – die denkmalgeschützte Kleine Funkenburg wurde dafür abgerissen. Im westlichen Bereich der Straße wurde eine Insel für die Straßenbahnhaltestelle »Leibnizstraße« eingerichtet.
Am 12.10.2005 wurde beschlossen3), den Abschnitt der Jahnallee östlich der Leibniz-/ Thomasiusstraße wieder in Ranstädter Steinweg zurückzubenennen. Die Umbenennung wurde am 15.05.2006 wirksam und ein halbes Jahr später verbindlich.